Mittwoch, 8. Oktober 2014
Jahrmarktskunst oder medizinische Therapie - Was ist eigentlich Hypnose?
leid und freud, 15:55h
Für die einen nur Jahrmarkts-Kunst, für die anderen eine gefährliche Manipulation: Lange Zeit hatte die uralte Technik der Hypnose einen sehr schlechten Ruf. Doch jetzt erobert sie sich einen Platz in der Medizin zurück.

Trotz unzähliger Studien, die diese Behandlungserfolge belegen, entscheiden sich Ärzte nur selten für die Hypnose. Wenn es Hypnose in Pillenform gäbe, dann wäre sie vermutlich das meist verkaufteste Arzneimittel - noch vor Viagra.
Hypnose ist im Grunde eine uralte »Technik«. Die Meditationspraktiken der hinduistischen Fakire und Yogis, die auf das zweite Jahrtausend vor Christus zurückgehen, sind wohl die ältesten Methoden. Auch in Ägypten wurde sehr früh Hypnose praktiziert – der Eber-Papyrus aus der Zeit um 1500 vor Christus gilt als erste Niederschrift einer Anleitung für eine derartige Behandlung. Selbst die Heilungen durch Jesus und seine Jünger Petrus und Paulus, die Handauflegen mit Augenfixierung verbanden, können als Hypnosetherapie interpretiert werden. Damals sah man spirituelle Kräfte am Werk, die durch ein Medium wirkten.
Der Arzt Franz Anton Mesmer (1734 – 1815) wandte ein Verfahren an, das er "animalischen Magnetismus" nannte. Er setzte seine Patienten den Feldern von Stahlmagneten aus, mit deren Hilfe ein heilendes "Fluid" vom Magnetiseur auf die behandelte Person übergehen sollte – eine Vorform der Hypnose. Sein "Mesmerismus" machte ihn in Paris so berühmt, dass er in Hotelfoyers Gruppenheilungen vornahm.
Der Brite James Braid gab der Hypnose 1843 ihren Namen – irreführend abgeleitet vom griechischen Wort Hypnos (Schlaf), obwohl es sich bei der Hypnose um einen wachen Bewusstseinszustand handelt. Zu dieser Zeit betäubten englische Ärzte ihre Patienten durch Hypnose, die selbst bei Amputationen ihre Wirkung nicht verfehlte. Doch schon bald wurde sie von Äther, Lachgas und Chloroform aus dem Operationssaal verdrängt. Dafür machte sie auf Jahrmärkten Karriere: Gaukler entdeckten, dass sie Lacherfolge erzielten, wenn sie Menschen dazu brachten, sich in Trance lächerlich aufzuführen. Bis heute hat sich die Hypnose nicht von diesem Vertrauens- und Imageschaden erholt.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts erkannte man, dass die Hypnose ein ganz normales psychologisches Phänomen ist, das auf Suggestionen beruht. Nach dem Ersten Weltkrieg fanden Therapeuten und Mediziner heraus, dass sie sich zur Behandlung von Neurosen und funktionellen Störungen bestens eignet. Zum modernen Helden der Hypnose wurde Milton Erickson. Der Amerikaner, der sich mittels Selbsthypnose von einer schweren Kinderlähmung erholt hatte, erschloss der Hypnose immer neue Einsatzgebiete – die von ihm entwickelte Hypnotherapie wird bis heute angewendet.
Etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung sind extrem leicht zu hypnotisieren und können damit sogar den Schmerz während einer Operation bewältigen. Die Meisten schaffen es erst nach einiger Übung, in Trance zu fallen. Fünf Prozent der Bevölkerung gelten als überhaupt nicht hypnotisierbar – darunter sind Menschen mit Gehirnschäden und solche, die unter dem Aufmerksamkeits-Defizit/ Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) leiden.
Zwar belegen immer mehr Studien die Wirksamkeit der Hypnose bei einer Fülle von körperlichen und geistigen Krankheiten. Aber auf der Suche nach einer Erklärung, was genau während der Hypnose passiert, tappen die Forscher noch immer im Dunkeln. Immerhin kann man seit etwa zehn Jahren mit modernen Geräten wie dem Magnet-resonanztomografen beobachten, welche Bereiche des Gehirns in Trance aktiv sind.
Crawford entdeckte damit erstmals eine anatomische Besonderheit im Gehirn von sehr leicht hypnotisierbaren Patienten:
Deren "Corpus Callosum" ist größer als bei anderen Menschen. Diese Brücke zwischen den beiden Gehirnhälften dient als Datenautobahn; in Hypnose ist vor allem der vordere Brückenteil, das Rostrum, besonders aktiv. Heftige Aktivität, darin sind sich die meisten Forscher einig, herrscht während der Trance auch im vorderen Gehirnlappen, dem präfrontalen Cortex: Hier spielen sich Denken und Planen ab. Zusätzlich schaltet sich der Teil des Gehirns ein, der durch die Suggestionen in der Hypnose angesprochen wird: Geht es um eine visuelle Vorstellung, springt der Hinterhauptslappen an; wird eine Bewegung suggeriert, aktiviert sich das Großhirn, als würde diese Bewegung wirklich ausgeführt.
Wie man sich das vorzustellen hat, zeigte eine Studie von Steven Coffin und David Spiegel. Sie präsentierten Testpersonen unter Hypnose ein farbiges Muster – suggerierten aber, das Muster sei grau: Sofort sank die Aktivität im Hinterhauptslappen, wo visuelle Reize verarbeitet werden. Präsentierte man ein graues Muster, suggerierte aber, es sei bunt, steigerte sich die Aktivität. Das Gehirn arbeitete also in beiden Fällen unabhängig davon, was das Auge sah: Es vertraute dem Eingeflüsterten mehr als dem Wahrgenommenen. Der Grund dafür: Während der Hypnose dreht sich im Gehirn die übliche Abfolge von Wahrnehmung und Bewertung um. Im normalen Wachzustand wird ein visueller Sinnesreiz im Hinterhauptslappen "empfangen«"; dann schaltet sich der präfrontale Cortex dazu, um das Wahrgenommene zu bewerten. Im Hypnosezustand dagegen reagiert zuerst der vordere Gehirnlappen auf die Suggestion; dann gelangt die Einflüsterung zum "Empfänger", dem Hinterhauptslappen – und der nimmt ein buntes Muster wahr, obwohl die Augen »Grau« sehen.
Für den Erfolg der Hypnose spielt auch das Vertrauensverhältnis zum Therapeuten eine große Rolle.
Leider gibt es immer noch Experten, die für einen billigen Schaueffekt im Fernsehen Patienten erniedrigen. So ließ Claus Bick, der lange eine Hypnoseklinik in der Pfalz leitete, einen Fotografen vor laufenden Kameras eine Zeitung apportieren wie ein Hund – so etwas untergräbt jegliches Vertrauen in die Hynosebehandlung. Zum Glück lassen sich derartige Spiele aber nicht allzu weit treiben: Anders als oft in Spielfilmen gezeigt, kann auch der geübteste Hypnotiseur niemanden zu einer Handlung anleiten, die dessen moralischen Vorstellungen zutiefst widerspricht – etwa zum Banküberfall oder zum Mord. Außerdem wacht ein Patient sofort aus der Hypnose auf, wenn Gefahr im Verzug ist – zum Beispiel beim Ausbruch eines Feuers. Auch der weit verbreitete Glaube, dass man sich an das in Trance Gesagte nicht mehr erinnert, ist falsch:
Nur bei fünf Prozent aller hypnotisierten Menschen kommt es nach der Behandlung zu einer so genannten spontanen Amnesie (vgl. P.M.: Welt des Wissens).

Trotz unzähliger Studien, die diese Behandlungserfolge belegen, entscheiden sich Ärzte nur selten für die Hypnose. Wenn es Hypnose in Pillenform gäbe, dann wäre sie vermutlich das meist verkaufteste Arzneimittel - noch vor Viagra.
Hypnose ist im Grunde eine uralte »Technik«. Die Meditationspraktiken der hinduistischen Fakire und Yogis, die auf das zweite Jahrtausend vor Christus zurückgehen, sind wohl die ältesten Methoden. Auch in Ägypten wurde sehr früh Hypnose praktiziert – der Eber-Papyrus aus der Zeit um 1500 vor Christus gilt als erste Niederschrift einer Anleitung für eine derartige Behandlung. Selbst die Heilungen durch Jesus und seine Jünger Petrus und Paulus, die Handauflegen mit Augenfixierung verbanden, können als Hypnosetherapie interpretiert werden. Damals sah man spirituelle Kräfte am Werk, die durch ein Medium wirkten.
Der Arzt Franz Anton Mesmer (1734 – 1815) wandte ein Verfahren an, das er "animalischen Magnetismus" nannte. Er setzte seine Patienten den Feldern von Stahlmagneten aus, mit deren Hilfe ein heilendes "Fluid" vom Magnetiseur auf die behandelte Person übergehen sollte – eine Vorform der Hypnose. Sein "Mesmerismus" machte ihn in Paris so berühmt, dass er in Hotelfoyers Gruppenheilungen vornahm.
Der Brite James Braid gab der Hypnose 1843 ihren Namen – irreführend abgeleitet vom griechischen Wort Hypnos (Schlaf), obwohl es sich bei der Hypnose um einen wachen Bewusstseinszustand handelt. Zu dieser Zeit betäubten englische Ärzte ihre Patienten durch Hypnose, die selbst bei Amputationen ihre Wirkung nicht verfehlte. Doch schon bald wurde sie von Äther, Lachgas und Chloroform aus dem Operationssaal verdrängt. Dafür machte sie auf Jahrmärkten Karriere: Gaukler entdeckten, dass sie Lacherfolge erzielten, wenn sie Menschen dazu brachten, sich in Trance lächerlich aufzuführen. Bis heute hat sich die Hypnose nicht von diesem Vertrauens- und Imageschaden erholt.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts erkannte man, dass die Hypnose ein ganz normales psychologisches Phänomen ist, das auf Suggestionen beruht. Nach dem Ersten Weltkrieg fanden Therapeuten und Mediziner heraus, dass sie sich zur Behandlung von Neurosen und funktionellen Störungen bestens eignet. Zum modernen Helden der Hypnose wurde Milton Erickson. Der Amerikaner, der sich mittels Selbsthypnose von einer schweren Kinderlähmung erholt hatte, erschloss der Hypnose immer neue Einsatzgebiete – die von ihm entwickelte Hypnotherapie wird bis heute angewendet.
Etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung sind extrem leicht zu hypnotisieren und können damit sogar den Schmerz während einer Operation bewältigen. Die Meisten schaffen es erst nach einiger Übung, in Trance zu fallen. Fünf Prozent der Bevölkerung gelten als überhaupt nicht hypnotisierbar – darunter sind Menschen mit Gehirnschäden und solche, die unter dem Aufmerksamkeits-Defizit/ Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) leiden.
Zwar belegen immer mehr Studien die Wirksamkeit der Hypnose bei einer Fülle von körperlichen und geistigen Krankheiten. Aber auf der Suche nach einer Erklärung, was genau während der Hypnose passiert, tappen die Forscher noch immer im Dunkeln. Immerhin kann man seit etwa zehn Jahren mit modernen Geräten wie dem Magnet-resonanztomografen beobachten, welche Bereiche des Gehirns in Trance aktiv sind.
Crawford entdeckte damit erstmals eine anatomische Besonderheit im Gehirn von sehr leicht hypnotisierbaren Patienten:
Deren "Corpus Callosum" ist größer als bei anderen Menschen. Diese Brücke zwischen den beiden Gehirnhälften dient als Datenautobahn; in Hypnose ist vor allem der vordere Brückenteil, das Rostrum, besonders aktiv. Heftige Aktivität, darin sind sich die meisten Forscher einig, herrscht während der Trance auch im vorderen Gehirnlappen, dem präfrontalen Cortex: Hier spielen sich Denken und Planen ab. Zusätzlich schaltet sich der Teil des Gehirns ein, der durch die Suggestionen in der Hypnose angesprochen wird: Geht es um eine visuelle Vorstellung, springt der Hinterhauptslappen an; wird eine Bewegung suggeriert, aktiviert sich das Großhirn, als würde diese Bewegung wirklich ausgeführt.
Wie man sich das vorzustellen hat, zeigte eine Studie von Steven Coffin und David Spiegel. Sie präsentierten Testpersonen unter Hypnose ein farbiges Muster – suggerierten aber, das Muster sei grau: Sofort sank die Aktivität im Hinterhauptslappen, wo visuelle Reize verarbeitet werden. Präsentierte man ein graues Muster, suggerierte aber, es sei bunt, steigerte sich die Aktivität. Das Gehirn arbeitete also in beiden Fällen unabhängig davon, was das Auge sah: Es vertraute dem Eingeflüsterten mehr als dem Wahrgenommenen. Der Grund dafür: Während der Hypnose dreht sich im Gehirn die übliche Abfolge von Wahrnehmung und Bewertung um. Im normalen Wachzustand wird ein visueller Sinnesreiz im Hinterhauptslappen "empfangen«"; dann schaltet sich der präfrontale Cortex dazu, um das Wahrgenommene zu bewerten. Im Hypnosezustand dagegen reagiert zuerst der vordere Gehirnlappen auf die Suggestion; dann gelangt die Einflüsterung zum "Empfänger", dem Hinterhauptslappen – und der nimmt ein buntes Muster wahr, obwohl die Augen »Grau« sehen.
Für den Erfolg der Hypnose spielt auch das Vertrauensverhältnis zum Therapeuten eine große Rolle.
Leider gibt es immer noch Experten, die für einen billigen Schaueffekt im Fernsehen Patienten erniedrigen. So ließ Claus Bick, der lange eine Hypnoseklinik in der Pfalz leitete, einen Fotografen vor laufenden Kameras eine Zeitung apportieren wie ein Hund – so etwas untergräbt jegliches Vertrauen in die Hynosebehandlung. Zum Glück lassen sich derartige Spiele aber nicht allzu weit treiben: Anders als oft in Spielfilmen gezeigt, kann auch der geübteste Hypnotiseur niemanden zu einer Handlung anleiten, die dessen moralischen Vorstellungen zutiefst widerspricht – etwa zum Banküberfall oder zum Mord. Außerdem wacht ein Patient sofort aus der Hypnose auf, wenn Gefahr im Verzug ist – zum Beispiel beim Ausbruch eines Feuers. Auch der weit verbreitete Glaube, dass man sich an das in Trance Gesagte nicht mehr erinnert, ist falsch:
Nur bei fünf Prozent aller hypnotisierten Menschen kommt es nach der Behandlung zu einer so genannten spontanen Amnesie (vgl. P.M.: Welt des Wissens).
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